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BGH: Zur Erheblichkeitsschwelle beim Rücktritt wegen Sachmangels!

Hintergrund

Tritt an einer Kaufsache innerhalb der Gewährleistungsfrist ein Sachmangel auf, muss der Käufer dem Verkäufer zunächst eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung setzen. Läuft diese Frist erfolglos ab, oder gelingt es dem Verkäufer trotz mehreren Versuchen nicht, den Mangel zu beseitigen, stehen dem Käufer nach seiner Wahl verschiedene weitere Rechte, wie insbesondere die Minderung oder ein Rücktritt vom Vertrag zu. Allerdings ist das Rücktrittsrecht eingeschränkt und darf nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nur ausgeübt werden, wenn die Pflichtverletzung / der Sachmangel "erheblich" ist.

Zur Beantwortung der Frage, ob ein Mangel als erheblich anzusehen ist, hat nach der Rechtsprechung eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall stattzufinden. Es müssen der Mangelbeseitigungsaufwand, die durch den Mangel begründete Beeinträchtigung und auch die Schwere des Verschuldens des Verkäufers in die Abwägung miteinbezogen werden. Nach der bisher überwiegend vertretenen Auffassung war von einer Erheblichkeit des Mangels in der Regel dann auszugehen, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 10 % des vereinbarten Kaufpreises ausmachten.

In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Fall betrugen die Mangelbeseitigungskosten lediglich 6,5 % des Kaufpreises, so dass die Klage des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrages sowohl durch das Landgericht als auch durch das OLG in der Berufungsinstanz (OLG Stuttgart, Entscheidung vom 20.03.2013 - 4 U 149/12) abgewiesen wurde.

Die Entscheidung

Mit Urteil vom 28.05.2014 - VIII ZR 94/13 hat der BGH entschieden, dass die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im Rahmen der auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5 % des Kaufpreises überschreitet.

Die Erheblichkeitsschwelle höher anzusetzen, z.B. bei 10 % wie die Ausgangsgerichte, sei mit dem Gesetzeswortlaut, dem Willen des Gesetzgebers und der Gesetzessystematik nicht zu vereinbaren. Zudem sei eine Schwelle von 5 % auch im Einklang mit den Vorgaben der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Das Rücktrittsrecht des Klägers wurde daher vom BGH bejaht, da die Mängelbeseitigungskosten mit 6,5 % des Kaufpreises über der maßgeblichen Schwelle lagen.

Praxistipp

Auch wenn der BGH die Erheblichkeitsschwelle stark herabgesetzt hat, sollte stets im Einzelfall überprüft werden, ob ein Rücktritt vom Kaufvertrag die beste Lösung ist. Tritt ein Käufer von einem KfZ-Kaufvertrag zurück, muss er sich die gefahrenen Kilometer als Nutzungsentschädigung anspruchsmindernd anrechnen lassen, vgl. hierzu die nachfolgende Entscheidung OLG Stuttgart nach Zurückverweisung des BGH, OLG Stuttgart, Urteil vom 08.10.2014 - 4 U 149/12. Die Höhe der Nutzungsentschädigung bestimmt sich aus den gefahrenen Kilometern, dem Kaufpreis und der Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs.

Vor Ausübung des Rücktrittsrechts bei einem KfZ-Kaufvertrag sollte daher zunächst die anzurechnende Nutzungsentschädigung ermittelt werden, um auf dieser Grundlage dann entscheiden zu können, ob der Rücktritt oder eine Minderung im Einzelfall die wirtschaftlich bessere Lösung ist.

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