Rechtsanwälte
Klemm & Wolfgramm & Kollegen
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Bei einem Verbrauchsgüterkauf, dem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer als Verkäufer und einem Verbraucher als Käufer, ist im Gesetz (§ 477 BGB - bislang § 476 BGB) zugunsten des Verbrauchers eine Beweislastumkehr für den Zeitraum der ersten sechs Monate nach dem Kauf geregelt. Der Bundesgerichtshof legte diese Vorschrift bislang jedoch sehr eng aus und sah lediglich eine in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung dahin, dass ein innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang aufgetretener Sachmangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe. Dies bedeutete, die Beweislastumkehr galt bisher nicht für die Frage, ob überhaupt ein Mangel vorliegt. Wenn bereits nicht aufklärbar war, dass der eingetretene Schaden auf eine vertragswidrige Beschaffenheit des Kaufgegenstands zurückzuführen ist, ging dies bisher zu Lasten des Verbrauchers als Käufer. Der Käufer hatte somit zu beweisen, dass ein Mangel überhaupt vorlag.
Der BGH hat nun mit Urteil vom 12.10.2016, Az. VIII ZR 103/15, seine Rechtsauffassung in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH geändert. Der EuGH hatte bereits im Jahr 2015 klargestellt, dass das Auftreten einer in einem kurzen Zeitraum von sechs Monaten offenbar gewordenen Vertragswidrigkeit nach der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie die zugunsten des Käufers wirkende Vermutung rechtfertigt, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung "zumindest im Ansatz" vorgelegen hat, auch wenn sie sich erst nach Lieferung der Sache herausgestellte (EuGH, Urteil vom 04.06.2015, Az. C-497/13).
Unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH legt der BGH den § 477 BGB nun richtlinienkonform aus und erweitert dessen Anwendungsbereich in zweierlei Hinsicht zugunsten des Käufers. Zum einen muss der Käufer künftig nur noch einen vertragswidrigen Zustand der Sache behaupten und beweisen, der sich binnen sechs Monaten nach Übergabe herausgestellt hat. Der Käufer kann sich also auf die Benennung eines Mangelsymptoms beschränken, auch wenn dieses bei Übergabe noch nicht aufgetreten ist. Zum anderen wird nun nach der richtlinienkonformen Auslegung des § 477 BGB kraft Gesetzes vermutet, dass das Mangelsymptom seine Ursache im Grundmangel habe, der bereits bei Gefahrübergang bestanden habe. Dies bedeutet, der Verkäufer muss zukünftig nachweisen, dass ein Mangelsymptom, das in den ersten sechs Monaten nach dem Gefahrübergang auftritt, nicht auf einen bereits bei Gefahrübergang vorhandenen Mangel zurück zu führen ist.
Die Rechtslage hat sich für Autokäufer, die ein Gebrauchtfahrzeug von einem Kfz-Händler erworben haben, durch die Entscheidung des BGH entscheidend verbessert. Tritt in den ersten sechs Monaten nach dem Abschluss des Kaufvertrages ein Mangel an dem Fahrzeug auf, ist sofortiges Handeln notwendig. Für eine formgerechte und inhaltlich richtige Mangelanzeige ist die schnelle Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ratsam.