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BGH - Beilackierungskosten auch bei fiktiver Abrechnung erstattungsfähig!

Hintergrund

Unter dem Begriff der Beilackierung versteht man die Mitlackierung von nicht beschädigten Fahrzeugteilen, um eine Farbtonangleichung für das menschliche Auge zu erreichen. Bei der Kfz-Unfallregulierung entstand bzgl. der Erstattungsfähigkeit der Beilackierungskosten häufig Streit.

Denn die Beilackierungskosten wurden von den Haftpflichtversicherern bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten regelmäßig mit dem Argument gekürzt, dass erst der Lackierer im Rahmen des Lackiervorgangs entscheide, ob eine Beilackierung erforderlich sei, oder nicht. Da bei einer fiktiven Abrechnung der Reparaturkosten - ohne Durchführung der vollständigen Reparatur - nicht sicher sei, ob die Beilackierungskosten auch tatsächlich angefallen wären, wurden diese von den KfZ-Haftpflichtversicherern stets gekürzt.

Die Entscheidung

Dieser generellen Kürzung der Beilackierungskosten im Rahmen der fiktiven Abrechnung hat der BGH nun mit Urteil vom 17.09.2019, Az. VI ZR 396/18, eine Absage erteilt! Der BGH hat dabei klargestellt, dass sich die Instanzgerichte nicht der ihnen obliegenden Aufgabe entziehen dürfen, eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, ob ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist, oder nicht. Dies bedeutet, dass in Zukunft, sollte es Streit bzgl. der Erstattungsfähigkeit der Beilackierungskosten geben, das Instanzgericht ein Sachverständigengutachten einholen muss, um zu klären, ob die Beilackierungskosten bei unterstellter Reparatur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angefallen wären. Bestätigt der Gutachter eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sind die Beilackierungskosten auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung zu erstatten.

Folgen für die Praxis

Der BGH stärkt durch seine Entscheidung die Rechte der Geschädigten. Allerdings muss abgewartet werden, ob die KfZ-Haftpflichtversicherer ihre Kürzungspraxis ändern. Denn zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit, ob eine Beilackierung erforderlich ist, oder nicht, bedarf es stets der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Dies stellt ein erhebliches prozessuales und damit wirtschaftliches Risiko dar, das ein Geschädigter regelmäßig nur mit einer Rechtsschutzversicherung an seiner Seite eingehen wird.

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